Steffi SK.

Zu Besuch bei Freunden

Die Busfahrt von Kampala nach Gulu war aufregend: Als wir um 7.05 Uhr am Morgen zum Busbahnhof kamen, rollte uns der Bus bereits entgegen. Gott sei Dank hielt er noch mal an und ließ uns Weiße, bereits im Besitz einer Fahrkarte, einsteigen.

Nach Fahrplan sollte der Bus eigentlich um 8 Uhr losfahren. Er wäre auch spätestens um 8 Uhr losgefahren, aber da er um 7 bereits voll war, worauf sollte er dann noch warten? Bis wir dieses System begriffen hatten, brauchten wir noch etwas. Als wir ein anderes Mal den Bus um 11 Uhr nicht mehr bekamen, weil er um 10 Uhr bereits voll war und abgefahren war, da hatten wir es dann kapiert.

In Gulu angekommen wurden wir herzlich empfangen. Father Cyprian ist ein lustiger und geselliger Priester. Er zeigte uns den „compound“, das Grundstück der St. Mauritz Gemeinde und stellte uns im Gottesdienst den Gemeindemitgliedern vor. Viel häufiger als in Deutschland wird in Uganda eine Rede geschwungen, zur Begrüßung und zur Verabschiedung, zum neuen Jahr, wenn Freunde zu besuch sind, in der Kirche, beim Orchester… Nicht nur einer redet, sondern mehrere reden nacheinander. Gut, dass ich nicht auf den Mund gefallen bin und kein Problem damit habe, vor großen Gruppen zu sprechen…

Es hat sogar Spaß gemacht, allen so offiziell „Hallo“ sagen zu dürfen und was mir sonst noch so einfiel.

Die Menschen vermittelten uns oft, dass wir ganz besondere Gäste für sie sind. Sie waren sehr offen für Gespräche und luden uns auch zu sich nach Hause ein. Das war ein großes Geschenk, schließlich waren wir deshalb nach Uganda gekommen: Um Leute dort zu treffen und zu sehen, wie sie leben. Und obwohl es kaum Maschinen gibt, die einem die Arbeit abnehmen, hatten die Ugander immer Zeit für ein Schwätzchen, um Fragen zu beantworten, etwas zu erklären…

Gut, die Aufmerksamkeit, die wir als Weiße bekamen, war für mich teilweise schon etwas zu groß. Ich fühlte mich etwas komisch, wenn eine andere Frau vor mir auf die Knie ging, um mich zu begrüßen. Aber in der ugandischen Kultur ist der Kniefall keine Ungewöhnlichkeit. Frauen knien zum Beispiel vor ihrem Mann nieder, wenn sie ihm das Essen oder die Waschschüssel reichen. Ich habe mich dann einfach auch hingekniet, was oft zu einem Lacher auf beiden Seiten geführt hat.

Die Ugander sind sehr offen für unsere Andersartigkeit. Es störte sie nicht, wenn ich als „Weiße“ mich anders verhalte, als das bei Ihnen normal ist. Beispielsweise trug ich Hosen, setzte mich im Schneidersitz auf den Boden oder breitbeinig auf ein Motorradtaxi (Bodaboda genannt). Alles Dinge, die sich für Frauen in großen Teilen Ugandas eigentlich nicht gehören. Aber da hatte ich den „Fremdenbonus“, das hat es für mich sehr erleichtert.

Das einzige, was die Ugander echt gestört hat, war, wenn ich barfuss lief. Da haben sie mich alle angesprochen: „Du musst Schuhe anziehen, das ist sonst gefährlich“. Da habe ich mich schon manchmal gefragt, wer ihnen das eingeredet hat. Ich meine, bis vor ich weiß nicht wie vielen Jahren, aber ich schätze mal bis vor 20 Jahren ist doch ein Großteil der Bevölkerung barfuss gelaufen. Natürlich kann man sich da mal verletzen oder Würmer bekommen, aber ist das so häufig? Mir ist glücklicherweise nichts passiert die Male, die ich barfuss gelaufen bin, aber irgendwann habe ich es eingestellt, sehr zur Erleichterung der Einheimischen, denen ich begegnete.

Sehr genossen habe ich die ugandische Geselligkeit. Man merkt den Menschen an, dass sie gewohnt sind, in Gruppen zu leben. Im Priesterhaus war oft Besuch zum Essen da und wir hatten sehr interessante Gespräche über den Glauben und das Leben. Der Besuch kann spontan vorbeikommen, das ist kein Problem. Bei den Mahlzeiten wird einfach ein Teller dazugestellt und geteilt, was da ist. Als Gastgeschenk bringt man in Uganda gerne Essen mit. Geht eine junge Familie beispielsweise zu Besuch zu den Schwiegereltern und bleibt dort einige Tage, dann bringen sie oft ein lebendes Huhn, Zucker, Salz oder Reis mit.

Lebensmittel haben einen anderen Wert in Uganda. Hühner beispielsweise leben oft mit der Familie bis sie geschlachtet werden. Man sieht es aufwachsen, weiß um die Gefahren des Lebens. Die Anzahl der Hühner, die man besitzt, ist begrenzt. Wenn man davon ein abgibt, dann hat man selbst eins weniger.

Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Reise machen konnte. Es war so interessant, eine Welt kennen zu lernen, in der Geld bis vor kurzem für viele Menschen keine Rolle gespielt hat und in der es scheint, dass jeder ein „Alleskönner“ ist. Das Wissen der Ugander über nachhaltigen Ackerbau, über Häuserbau mit rein natürlichen Materialien, über umweltverträgliche Tierhaltung und über wichtige soziale Regeln fiel mir während der ganzen Reise ins Auge. In diesen Bereichen können wir viel von Ihnen lernen.