Christina’s Besuch im März 2019

Hallo zusammen, 

Icoo maber,

ich habe nach über zwei Jahren endlich wieder unsere Freunde in Obiya Palaro besucht und dort wunderbare vier Wochen verbracht.

Erst einmal möchte ich mich von ganzem Herzen bei allen bedanken, die mir die Reise ermöglicht haben und die dieses Projekt am Leben halten und unterstützen. Ganz lieben Dank auch an alle, die mich in Uganda willkommen geheißen haben! Apwoyo matek pi jola in St. Mauritz Obiya Palaro!

Auch auf dieser Reise habe ich unglaublich viel erleben dürfen und konnte diesmal sogar etwas mehr in unserem Projekt helfen. 

Die erste Woche verbrachte ich zusammen mit Henrike Q., einer Lehrerin vom Annette-Gymnasium. Gemeinsam kümmerten wir uns um die Flüchtlinge aus dem Südsudan, machten uns Gedanken um den Plan für eine neue Nursery School und schauten uns das Youth-Project an.

Das Youth-Empowerment-Project ist eine Einrichtung für diejenigen, die die Schule nicht beendet haben und nun dabei unterstützt werden, sich selbstständig ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Es gibt diverse Kurse, in denen Tipps zum Umgang mit Geld und zur Finanzierung eines eigenen kleinen Business vermittelt werden. Dank der vielen großzügigen Spenden haben wir nun die Möglichkeit, vor Ort Produkte herzustellen, die dann auf dem ugandischen Markt verkauft werden. Und vielleicht findet man ja auch demnächst einige Produkte „made in Obiya Palaro“ bei uns in Deutschland. 

In den ersten Wochen lief das Projekt leider nur sehr schleichend an. Aber nach einigen Gesprächen mit den Verantwortlichen trifft man nun jeden Nachmittag eine Gruppe von etwa zehn Frauen und Männern, die in unseren Räumlichkeiten hinter der Primary School Taschen, Armbänder, Ketten und Engel aus Bananenblättern gestalten und herstellen. Eine spezielle Nähmaschine für Lederarbeiten wurde während meines Aufenthaltes installiert und die Bedienung wurde allen erklärt. Dabei sind bis zu meiner Heimreise schon viele wunderschöne Sandalen entstanden. 

Alles in allem lief das Projekt zwar etwas schleppend an, aber die Ergebnisse und Werke der fleißigen und kreativen Jugendlichen können sich auf jeden Fall sehen lassen.

Über die Flüchtlinge aus dem Südsudan hat Henrike ja schon einiges berichtet. Ich möchte aber gerne noch einmal betonen, wie wichtig dieser Schritt für die Kinder und Jugendlichen aus dem Südsudan war. Natürlich sind der Krieg und die Flucht nicht ohne Spuren und ohne Traumata an den Kindern vorbeigegangen, aber trotz all dem Erlebten blühen die Jugendlichen bei uns auf. Sie lachen viel, tanzen und genießen die Zeit, die sie in der Schule oder in dem Dormitory verbringen dürfen. Leider wissen wir nur sehr wenig über den gesundheitlichen Zustand der Jugendlichen. Deshalb habe ich zusammen mit unserem neuen Clinical Officer Jonathan O. versucht, einen medizinischen Check-up zu organisieren, bei dem wir die Jugendlichen auf diverse Infektionserkrankungen, Hauterkrankungen, eine evtl. bestehende Schwangerschaft bei den Mädchen, etc. testen, damit wir sie in Krankheitsfällen schneller und besser behandeln und eine weitere Ausbreitung der Krankheiten weitestgehend vermeiden können. 

An einem Tag besuchten wir das Flüchtlingslager in Palabek, in dem über dreißig tausend Menschen leben und untergebracht sind; und das ist noch eines der kleinsten Flüchtlingscamps an der Grenze zum Südsudan. Diese Camps sind aber nicht wie in Deutschland nur provisorisch, sondern richtige Settlement-Camps (Ansiedlungen). Die Geflüchteten bauen sich Hütten, Schulen und weitere Infrastruktur. Einige ugandische Bürger und Bürgerinnen helfen vor Ort: in den Schulen, Gemeinden und medizinischen Einrichtungen; so auch die Frau unseres neuen Clinical Officers, die dort auch als Klinikerin eingestellt ist und hilft. Wir haben einige von den jugendlichen Geflüchteten in unser Internat aufgenommen, um Ihnen uneingeschränkten Zugang zu Bildung und medizinische Versorgung zu ermöglichen und ein sicheres Zuhause zu bieten.

Henrike engagierte sich unter anderem auch sehr in der Nursery School. Als ich ankam, hatte sie schon einige Gespräche mit den Lehrerinnen und der Schulleiterin geführt, um all die Wünsche zu erfassen, die in den Plänen für den neuen Kindergarten berücksichtigt werden sollen. Die vorhandenen Gebäude sind einfach zu klein. Auch ist die Bausubstanz teilweise marode. Unter anderem soll es zukünftig eine überdachte Spielfläche, Platz für Tische und kleinere Klassengrößen (maximal 35 SchülerInnen pro Klasse) geben. Nach einigen Meetings mit diversen Komitees in Uganda versuchen wir nun, gemeinsam mit Steffen L., einen geeigneten Plan zu entwerfen, damit der Bau der neuen Nursery School sehr bald beginnen kann. 

In den verbleibenden drei Wochen arbeitete ich viel in unserem Health Center, impfte Kinder und schwangere Frauen, legte Zugänge, teilte Medikamente aus und half in der Verwaltung. Da gab es mit der Eröffnung des Krankenhauses nämlich eine Menge zu tun: 

Nachdem die restlichen Betten endlich angekommen waren, bestellten wir eine Ladung Bettbezüge, die erst geschneidert und dann mit einem St. Mauritz Aufdruck versehen werden mussten. Das gesamte eingespielte Team aus dem Health Center war gefragt, als es darum ging, das Krankenhaus zweimal gründlich zu putzen, damit die Betten bezogen und die ersten Patienten im Krankenhaus untergebracht werden konnten – und das Bettenbeziehen ist nicht so einfach, ich musste diese spezielle Technik erst lernen und man muss dafür immer zu zweit sein – sehr aufwendig. Ich habe mich dann auch um die vorläufige Beschilderung der Räume gekümmert und diese drucken lassen und zusammen mit dem Clinical Officer aufgeschrieben, was an Einrichtungsgegenständen alles noch gebraucht wird. 

Übrigens haben wir einige Neuzugänge in unserem Health Center Team: Wie schon erwähnt, den neuen Clinical Officer, Jonathan O., der nach seinem Studium schon einige Jahre gearbeitet und nun eine Stelle bei uns erhalten hat. Er wurde zum Incharge (Chef für das Health Center) gewählt und vertritt seine Rolle sehr gut. Sehr engagiert hat er geholfen, die offizielle Eröffnungsfeier des Krankenhauses zu organisieren, das Health Center und sein Team neu zu strukturieren und ein bisschen frischen Wind in das Bestehende hineinzubringen. Nachdem ich den neuen Arbeitsplan erstellt hatte, hat er sich stark dafür eingesetzt, diesen auch umzusetzen und damit zu gewährleisten, dass das Health Center 24 Stunden am Tag besetzt ist und Notfälle jederzeit behandelt und gegebenenfalls aufgenommen werden können.

Außerdem haben wir auch eine neue weibliche Kraft unter den Clinical Officers. Sie heißt Lydia und ist auch eine sehr kompetente und sympathische junge Ärztin, die zusammen mit Jonathan ein gutes Team bildet. 

Die neue Krankenschwester, Fiona, zeigte auch von Anfang an vollen Einsatz, indem sie sich direkt auf den neuen Arbeitsplan einließ und schon in ihrer dritten Woche Nachtschichten übernahm. Auch sie ist eine schon sehr erfahrene, aber dennoch junge Krankenschwester, die ihre Arbeit mit viele Freude, Empathie und Kompetenz erledigt.

Als vierten im Bunde haben wir nun sogar einen Nachtwächter für das Krankenhaus, der die Patienten, die nachts zum Krankenhaus kommen, freundlich empfängt und sie begleitet. Er soll für Sicherheit sorgen.

Jetzt habe ich zwar die vier Neuzugänge für ihr ganzes Engagement gelobt, ich möchte mich aber auch ganz herzlich bei den anderen Teammitgliedern bedanken, die nach den vielen Jahren, die sie schon für uns arbeiten, besonders jetzt viele Veränderungen auf sich nehmen, sich an die neue Organisation anpassen und unglaublich viel Einsatz zeigen. Apwoyo matek!Vor allem die Vorbereitungen für die offizielle Eröffnung haben uns sehr auf Trab gehalten, neben all den Patienten, die nach der Ankündigung, dass das Health Center nun 24 Stunden am Tag geöffnet sei, in Scharen aufliefen. Die Schlüsselübergabe an den Erzbischof, das gemeinsame Frühstück mit dem Health Center Team, das Mittagessen für den Erzbischof und einige geladene Gäste und das Schmücken des neuen Krankenhauses mussten geplant und organisiert werden.

Nachdem wir also samstags noch bis nachts alles vorbereitet und am Sonntag vor der Feier den letzten Feinschliff getan hatten, begann die Zeremonie mit dem Einzug des Erzbischofes Odama und Father Cyprian. Zunächst wurde das Krankenhaus gesegnet und im Anschluss folgte dann ein traditioneller Gottesdienst. Der Erzbischof sprach einige liebevolle Worte und bedankte sich vor allem ganz herzlich bei allen Spendern aus Deutschland, die dieses Projekt ermöglichen. Er erzählte den Anwesenden von der deutsch-ugandischen Freundschaft und von den großzügigen Spenden der Leser der Westfälischen Nachrichten, die zunächst einen Großteil des Outpatient-Bereichs (Hausarztpraxis) und nun das neue Krankenhaus mitfinanziert haben. Gleichzeitig ermahnte er die Besucher, dass sie sich helfen lassen sollten, wenn sie sich krank fühlen würden und betonte noch einmal, wie dankbar alle sein dürfen, dass es nun ein Krankenhaus in Obiya Palaro gibt.

Der Erzbischof segnete alle, schnitt das obligatorische Einweihungsband durch und ging mit uns gemeinsam durch jeden fertiggestellten Raum des Krankenhauses.

Danach feierten wir einen wunderschönen Gottesdienst in unserer multi-purpose hall und aßen anschließend mit dem gesamten Health Center Team und einigen anderen geladenen Gästen ein leckeres Frühstück, bestehend aus Samosas und Cassava mit Odii und einem leckeren Avocado-Orangen-Maracuja-Saft. 

Es gab selbstverständlich auch in einem kleinen Rahmen noch ein großartiges und vielfältiges Mittagessen im Anschluss und der Erzbischof schien sehr froh über seinen Besuch in St. Mauritz zu sein. Und auch wir sind ihm sehr dankbar, dass er uns erlaubt hat, dieses Krankenhaus zu erbauen und es nun in Betrieb nehmen zu dürfen. Wir danken ihm, dass er sich die Zeit genommen hat, zu uns zu kommen und das Krankenhaus zu segnen und die offizielle Eröffnung zu zelebrieren. Apwoyo matek!

Nach dieser wunderbaren Eröffnungsfeier haben wir montags schon ein ganzes Zimmer mit zehn Patienten gefüllt, die für eine weitere Infusion oder zur Überwachung über die Nacht im Krankenhaus bleiben mussten. Bisher ist jeder Patient wieder fit und gesund aus dem Krankenhaus entlassen worden. Schwierige Fälle müssen wir allerdings auch noch an andere Krankenhäuser in Gulu überweisen, weil wir weder die Ausstattung, noch das ausgebildete Personal für diese Patienten haben. Aber was nicht ist, kann ja noch werden! Das Krankenhaus läuft bisher sehr gut an und wir hoffen natürlich, dass wir uns weiterhin vergrößern und verbessern können. In kleinen Schritten kommt man manchmal auch schneller voran, als wenn man sich mit großen Schritten bewegt und zu viel Energie verbraucht. Denn auch die Eröffnung des ersten Teils des Krankenhauses brachte schon einige Veränderungen mit sich, die bisher aber von allen super angenommen wurden. 

Aber auch nach der offiziellen Eröffnung gab und gibt es noch einiges zu tun: Es mussten Medikamente bestellt werden, das Krankenhaus muss noch weiter ausgestattet werden, denn es fehlen noch viele Einrichtungsgegenstände. Auch das für die Eröffnung des Krankenhauses neu angeschaffte Blutanalysegerät (CBC-Maschine) muss noch installiert werden.  

Leider musste ich ein paar Tage später schon wieder nach Deutschland reisen. 

Gerne wäre ich noch etwas länger vor Ort geblieben und hätte weiterhin geholfen, alles zu organisieren. Vor Ort ist es dann ja doch immer einfacher als über weite Kommunikationswege.Insgesamt hatte ich einen wunderbaren Monat in Gulu und ich bin unendlich dankbar für all die engen Freundschaften und die großartigen Projekte, die in Obiya Palaro erschaffen wurden. 

Hier noch ein paar Einblicke in das Dorfleben in unseren umliegenden Dörfern, die zur Gemeinde St. Mauritz in Obiya Palaro gehören:

Von allen Ugandern darf ich auch herzliche Grüße aus Gulu ausrichten mit einem großen Dankeschön an all die Unterstützer der Uganda-Hilfe. Danke, dass die Menschen in St. Mauritz Obiya Palaro mit Brunnen und sauberem Trinkwasser versorgt sind, Zugang zu Bildung haben, der stetig verbessert wird, und Gesundheitseinrichtungen erreichen können, die durch das weiterhin wachsende, neue Krankenhaus komplettiert werden. Apwoyo matek!

Auf viele weitere Reisen zu unseren Freunden in Uganda!

Bis hoffentlich sehr bald

Christina S.

Kleiner Nachtrag, 16. April 2019: Die CBC-Maschine (Blutanalyse-Maschine) wurde endlich installiert, nachdem wir so lange auf einen neuen Tisch für das Labor gewartet hatten. Sie ist ab sofort in Benutzung!