Uganda 2018 – von Luzia Bruns

Ein herzliches Hallo aus Obiya Palaro! Heute ist mein letzter Tag hier und da ich bereits meine 7 Sachen gepackt habe und erst in ein paar Stunden meine in Auftrag gegebene afrikanische Kleidung abholen kann, nutze ich nun die freie Zeit und schreibe auf dem wunderschönen Sofa in Tigeroptik meinen Reisebericht.

Auch mein 3. Ugandaaufenthalt war wieder sehr ereignisreich und eindeutig zu kurz. Ich bin am 23.3. in Uganda angekommen und ich fühlte mich sofort heimisch (wie auch schon die Male zuvor). Ehe ich mich auch nur einmal richtig umschauen konnte, war ich von dem „afrikanischen Gefühl“ umgeben, was ich in Deutschland manchmal so sehr vermisse. Die Luft, der Duft, die Umgebung und spätestens das laute Lachen von Kevin, die mich wieder am Flughafen abgeholt hat, haben mich in Uganda willkommen geheißen. Nach einer, wie immer, ermüdenden Autofahrt bin ich dann Samstag in Gulu angekommen und ich war nicht die einzige, die an diesem Tag in St. Mauritz eingetrudelt ist. Auch Steffen und Sophie sind mit ihren Freunden von einer Tour zur Rhino Sanctuary zurückgekommen. St. Mauritz war also geradezu mit Münsteranern „überschwemmt“ und alle gemeinsam konnten wir dann Palmsonntag feiern, was natürlich hier ein etwas anderes Erlebnis ist.

Während die Priester allesamt in den Ostervorbereitungen steckten, beschlossen wir, gemeinsam den Murchison-Falls-Nationalpark unsicher zu machen, um uns nach der Abreise von Sophie und Steffens Freunden, dann auch wieder tiefenentspannt der Arbeit widmen zu können. Und ich muss wirklich sagen: dieser Aufenthalt im Murchison-Park war bis jetzt der beste von allen. Wir hatten traumhaftes Wetter, einen wunderbaren Guide und die Tiere haben sich von ihrer besten Seite gezeigt. Sogar einen Leoparden haben wir (bzw. unser wunderbarer Guide George) erspäht und das kommt wirklich sehr selten vor. Auch die Sonne ließ sich konsequent blicken und es war für März wirklich außergewöhnlich heiß. Die einzige, die eine Erfrischung bekommen hat, war meine Kamera. Denn die ist bei einer kleinen Kletteraktion auf einen Felsen in den Nil gefallen. Nun kann sich also ein Krokodil damit vergnügen. Zum Glück hatten aber die anderen noch genug Kameras dabei, um die ganzen Unternehmungen und Bilder festzuhalten. George sorgte auch wirklich ausreichend dafür, dass wir genug Fotomaterial hatten. Er ließ uns nämlich ab und zu auch aus dem sicheren Auto aussteigen und dann sind wir doch wirklich durch diese wunderschöne Natur spaziert und haben uns auf die Spuren der Tiere begeben. Es war ein einmaliger Ausflug, den wohl keiner von uns so schnell vergessen wird.

Zurück in Gulu hat uns aber schnell der normale Afrika-„Stress“ wieder eingeholt. Sophie hatte sich ja schon wahnsinnig viel um die Weiterentwicklung der Bücherei zu einem Internetcafé bemüht und nun konnte ich dabei ein wenig helfen und gleichzeitig die Abläufe in der Bücherei etwas verbessern. Zu meiner Freude haben bereits mehr Leute als erwartet eine Bücherei-Mitgliedschaft. Nichtsdestotrotz sind es natürlich noch viel zu wenig. Es ist einfach ein sehr schwieriger Prozess, die ugandische Bevölkerung an Bücher heranzuführen. Sogar die Lehrer greifen hier nur sehr ungern zu Büchern und wenn sowohl in der Schule als auch Zuhause keiner die Kinder an Bücher heranführt, bleibt es einfach etwas sehr Ungewohntes für sie. Deswegen haben Sophie und ich uns diesmal besonders mit der Leitung des Kindergartens zusammengesetzt, um ein Konzept zu entwickeln, wie die Kindergartenklassen die Bücherei wirklich wöchentlich in ihr Programm einbauen können. Wir hoffen, dass das Konzept nun bald schon umgesetzt wird, damit die Kinder schon frühestmöglich an den Umgang mit Büchern herangeführt werden.

Außerdem haben wir versucht, Sophies und Steffens Idee mit dem Internet weiter voran zu bringen. Wie so häufig ist diese Idee mal wieder eine, für die in Uganda einfach eine Menge Zeit gebraucht wird.  Man muss viele Zuständigkeitsbereiche ansprechen und viele Steine aus dem Weg schieben. Denn Obiya Palaro liegt sehr tief und wir werden wahrscheinlich nicht darum herum kommen, eine Antenne zu bauen (was natürlich auch wieder mit etwas mehr Aufwand verbunden ist). Es geht also voran, aber sehr gemächlich… wie der Ugander sagen würde „mot mot“. Dagegen war die Anschaffung von Buchstützen schon ein einfacheres Unternehmen. Da es in Afrika sowas eigentlich nicht gibt, mussten wir mit diesem Wunschauftrag zu Faisal, dem Schweißer unseres Vertrauens, gehen und der hat uns dann 30 Metallbuchstützen in einem Blau gefertigt, welches sogar zu den Fenstern der Bücherei passt. Wir zweifeln zwar immer noch daran, ob er so richtig verstanden hat wieso es wichtig ist, dass Bücher nicht umkippen, aber die Ugander sehen in vielen europäischen, ordnungsschaffenden Dingen, sowieso eher Seltsames und nichts wirklich Brauchbares.

Was mich natürlich neben der Bücherei noch zusätzlich sehr glücklich gemacht hat, ist der Fortschritt beim Bau des Krankenhauses. Letztes Jahr im September sah es aus wie ein kleiner Eukalyptuswald und dieses Mal mussten wir uns Gedanken über die Wand- und Fliesenfarben machen. Einfach der Wahnsinn.

Auch der Antrag zum Aufstieg zu einem Health Center 3 ist in Bearbeitung und liegt gerade auf dem Schreibtisch von Erzbischof John Baptist Odama und wartet eigentlich nur auf die Inspektion des fertigen ersten Stockwerks durch Gutachter. Das Ziel rückt also immer etwas näher. Vielleicht kann ich ja wirklich meine Famulatur im schönen Obiya Palaro machen (ein großer Wunsch von mir). Auf Grund der vielen organisatorischen Aufgaben hatte ich dieses Jahr allerdings leider keine Zeit bei meinen Kollegen im Health Center vorbeizuschauen, die meine Unterstützung durchaus gebraucht hätten. Der April ist nämlich der sehr stressige Impfmonat, wo täglich andere Dörfer oder Schulen aufgesucht werden, sodass die Bevölkerung besseren Zugang zu Impfstoffen bekommt.

Während wir uns mit diesem ganzen „Kleinkram“ beschäftigt haben, ist meine Zeit einfach nur so vorbeigerast. Zu Beginn hatte ich 4 Wochen und auf einmal waren nur noch 5 Tage über. Davon habe ich nochmal 3 mit einem weiteren Nationalparktrip gefüllt. Steffen, Sophie, Father Cyprian und ich sind an meinem letzten Sonntagmittag in Obiya aufgebrochen und diesmal war unser Ziel der Kidepo Valley Nationalpark. Der ist etwas schwieriger zu erreichen als der Murchison Falls Nationalpark, wir brauchten ca. 4,5 Stunden und kamen gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang. Es war ein traumhafter Anblick. Im Gegensatz zu Murchison ist die Landschaft in Kidepo von Hügeln und Bergen geprägt und dadurch entstand einfach ein ganz anderes Bild. Bei unserer Einfahrt in den Park sahen wir allerdings nicht nur eine herzzerreißend schöne Landschaft, sondern auch eine ältere Löwendame beim Fressen. Es war schon faszinierend zu sehen mit welch einer Kraft die Fleischbissen aus dem toten Büffel rausgelöst wurden. Mit diesem Anblick war ich ja schon sehr zufrieden, ich wartete aber noch auf etwas Anderes, was ich unbedingt sehen wollte (dies sollte sich aber auch noch in den kommenden Tagen ergeben). Als wir abends an unserer Unterkunft ankamen, waren wir alle etwas geschafft. Wir ließen den Abend mit leckerem Essen, leckeren Getränken und einer intensiven Partie „Mensch ärgere dich nicht“ ausklingen. Dann gingen wir in unsere Bandas und waren alle froh, dass diese mit einem Bad ausgestattet waren. Denn in dieser Nacht bekam unser Compound Besuch von einem männlichen Löwen, der sich auch nicht scheute, laut herumzubrüllen. Trotz dieses Konzerts bekamen wir alle genügend Schlaf, um am nächsten Morgen ganz früh aufzustehen und uns einen Guide ins Auto zu laden. Unsere Tagesmission war es, die seltenen Strauße im Kidepo-Park zu finden und zwar im tierärmeren Valley (welches allerdings mit der einer ganz besonderen Landschaft aufwarten kann).  Wir sahen zwar eine Hyäne (eigentlich nur Nachts anzutreffen), heiße Wasserquellen, ein ausgetrocknetes Flussdelta, die „Grenze“ zum Südsudan und Mount Lotuke. Was allerdings nicht zu sehen war, waren die Strauße. Erst als wir uns schon ein wenig traurig auf den Rückweg machten, sah unser Guide 8 der bis zu 3 Meter hohen Vögel in der Ferne. Es waren 4 Männchen und 4 Weibchen, welche aber allesamt sehr fotoscheu waren, weswegen unser Guide uns noch zu einem Camp der Ranger brachte. Dort werden nämlich zurzeit 2 Straußenbabys aufgepäppelt, die von ihren Eltern verstoßen wurden, und eines davon hieß auch noch zufälligerweise Sophie. Nach unserem Morgentrip frühstückten wir erstmal ausgiebig und ließen den Rest des Tages ein wenig unsere Seele baumeln. Wir fuhren auch selbstständig durch den Park. Doch alle Tiere versteckten sich vor uns…. Bis auf die Elefanten. Die waren wirklich omnipräsent und wir fuhren regelmäßig in große Gruppen mit Elefantenjungen, was jedes Mal zu leicht angespannten Situationen, aber auch zu tollen Fotos führte. Am nächsten Tag stand eigentlich nur noch eines wirklich aus: einen männlichen Löwen aus nächster Nähe zu sehen.  Für diese Aufgabe besorgten wir uns wieder einen Guide (die haben einfach den Blick dafür), welcher um einiges lustiger war, als der vom Vortag. Daniel war wirklich ein typischer ugandischer Scherzkeks. Aber auch er schaffte es irgendwie nicht, die Löwen zu finden. Wir fuhren also durch die Gegend und wurden immer etwas trauriger. Dann fuhren wir zu einem bekannten Aussichtspunkt, um einen guten Ausblick über den gesamten Park zu haben und den ein oder anderen Schnappschuss zu machen. Wir fuhren den Hügel hoch und auf einmal flüsterte Daniel leise aber bestimmt: “Pssst… da ist einer!“ Wir dachten, er würde einen weiteren Scherz machen und dazu noch einen sehr schlechten. Doch wirklich, je näher wir kamen, desto klarer zeichnete sich die Mähne im hohen, trockenen Gras ab. Und zu unserer Überraschung war er nicht alleine. Neben ihm lag „sein“ Weibchen. Es waren zwei wirklich prachtvolle Tiere und wir waren so nah dran und endlich konnte ich „einen männlichen Löwen sehen“ von meiner To-Do-Liste in Uganda streichen. Mit diesem, in unserem Kopf gespeicherten, Anblick konnten wir dem Park jetzt auch zufrieden den Rücken kehren. Am Abend statteten Cyprian und ich der, wie immer sehr gastfreundlichen Gemeinde „Holy Rosary“, noch einen kleinen Besuch ab. Und ehe ich mich versah, brach der heutige Tag an.

Wie immer fällt es mir sehr sehr schwer, dieses wunderbare Land zu verlassen. Gerade wenn meine Aufgaben nicht alle beendet sind, ist es besonders schwer. Ich werde alle wirklich vermissen, wobei es mich aufmuntert Fr. Eric, Fr. Cyprian und Kevin im Juni hier in Deutschland willkommen heißen zu dürfen. Ein weiterer Lichtblick ist natürlich meine hoffentlich baldige Rückkehr und wahrscheinlich erwarten mich dann wieder eine lachende Kevin am Flughafen, ein gut gelaunter Cyprian in St. Mauritz und dann (wenn alles so weitergeht) auch ein funktionsfähiges Krankenhaus in Obiya Palaro.